Merkblatt zum „Antrag auf Gehwegüberfahrt“
Wichtige Hinweise:
Das Antragsformular „Antrag auf Gehwegüberfahrt“ ist von den Antragstellern bis inklusive Frage 5 auszufüllen und die zur Entscheidungsfindung erforderlichen Anlagen sind beizufügen.
Ergibt sich bereits beim Ausfüllen des Antrags für den Antragsteller die Erkenntnis, dass eine der geforderten Antworten den Antragsvorgang beendet, so sollte der Antragsteller von einem Antrag absehen, da grundsätzlich eine weitere Grundstückszufahrt nicht gestattet werden kann.
In allen anderen Fällen sendet der Antragsteller den ausgefüllten und unterzeichneten Antrag, mit allen notwendigen Anlagen, an die Verwaltung (Amt 66 / SG 66.1) zur weiteren Bearbeitung.
Befindet sich die beantragte Grundstückszufahrt an einer sog. klassifizierten Straße (Landes- oder Bundesstraße), so wird im Rahmen des Antragsverfahrens auch der Landesbetrieb Straßenbau NRW (Regionalniederlassung Rhein-Berg) durch die Stadtverwaltung Hilden beteiligt.
Einfluss auf die Bearbeitungsdauer von Straßen.NRW kann durch die Stadtverwaltung Hilden nicht genommen werden.
Wird die Genehmigung zur Errichtung einer zusätzlichen Grundstückszufahrt erteilt, so erfolgen alle sich daraus ergebenden Umbauarbeiten (z.B. Tiefbauarbeiten, Markierungsarbeiten, Änderung der Straßenbeleuchtung, etc.) im öffentlichen Bereich zu Lasten des Antragstellers.
Im Vorfeld dieser Arbeiten im öffentlichen Bereich hat zwingend eine entsprechende Abstimmung mit dem Tiefbau- und Grünflächenamt der Stadt Hilden zu erfolgen.
Erläuterung und Begründung:
In jüngerer Vergangenheit häufen sich in Hilden die Anfragen zur Errichtung zusätzlicher privater Stellplätze und Grundstückszufahrten, um z.B. private Ladevorrichtungen (sog. Wallboxen) für die Aufladung von E-Fahrzeugen möglichst wohnungsnah nutzen zu können. Die zusätzliche Versiegelung durch neue Stellplätze und die Herrichtung neuer Grundstückszufahrten können im konkreten Einzelfall wiederum zu Kollisionen mit verschiedenen öffentlichen Belangen führen. Hierzu zählen neben bauplanungs- und bauordnungsrechtlichen sowie versorgungstechnischen Aspekten auch straßenrechtliche, entwässerungstechnische und (klima-)ökologische Belange. Im Ergebnis entstehen in vielen Fällen Zielkonflikte mit anderen wichtigen Aspekten einer klimagerechten, nachhaltigen und verkehrssicheren Stadtentwicklung, so dass – auch vor dem Hintergrund der wachsenden E-Mobilität – die Stadtverwaltung im Einzelfall prüfen muss, ob eine weitere Grundstückszufahrt genehmigt werden kann.
Straßenrechtliche und verkehrssicherheitsrelevante Belange:
Für die Errichtung zusätzlicher Stellplätze (z.B. zur Nutzung von Wallboxen) wird insbesondere bei Reihenhausgrundstücken in der Regel eine neue Grundstückszufahrt erforderlich mit entsprechenden Auswirkungen auf die angrenzende öffentliche Straße. Grundvoraussetzung für einen zusätzlichen Stellplatz in Hausnähe ist in jedem Fall, dass eine ausreichend bemessene Fläche auf dem eigenen Grundstück von mindestens 2,5 x 5,0m zur Verfügung steht. Ein Hineinragen von parkenden Autos in den öffentlichen Bereich ist mit dem straßenrechtlichen Gemeingebrauch unvereinbar und gefährdet die Sicherheit der anderen Verkehrsteilnehmer. Um die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs durch neue Grundstückszufahrten nicht zu gefährden, müssen aus verkehrstechnischer Sicht darüber hinaus die erforderlichen Schleppkurven und Sichtfelder nachgewiesen werden. Da in der Regel entlang der Straßen öffentliche Parkplätze angeordnet sind, führt eine neue Grundstückszufahrt somit wiederum zum Entfall von mindestens einem, ggfs. aber auch mehreren öffentlichen Stellplätzen für Besucher oder sonstige Straßenanlieger. Eine starke Zunahme von Grundstückszufahrten könnte somit im Extremfall zu einem erhöhten Parksuchverkehr in den betroffenen Straßenzügen führen und – bedingt durch das häufigere Überfahren der Gehwege beim Ein- und Ausrangieren – neue potenzielle Konfliktpunkte mit Fußgängern und Radfahrern nach sich ziehen.
Aus rechtlicher Sicht besteht zunächst kein Anspruch auf die Herrichtung neuer bzw. die Erweiterung bestehender Grundstückszufahrten, sofern die wegemäßige Erschließung des Grundstücks bereits gesichert ist (VG Freiburg,18.03.2016, 4 K 2029/15). Für Zufahrten gilt im Sinne des § 14 Straßen- und Wegegesetz NRW (StrWG NRW) der Grundsatz der Vereinbarkeit mit den rechtlich geschützten Interessen anderer Straßenanlieger und den Anforderungen an die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs. Eine Anlegung einer Grundstückszufahrt ist als straßenrechtliche Sondernutzung nach § 18 StrWG NRW daher genehmigungs- und gebührenpflichtig. Die Genehmigungspflicht ergibt sich aus dem entstehenden Eingriff sowohl in den fließenden Verkehr als auch in den öffentlichen Straßenkörper. Insoweit kann eine beantragte Genehmigung im Zweifel versagt werden, sofern die Errichtung der neuen Grundstückszufahrt die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs unzulässig beeinträchtigen würde. Dies gilt insbesondere für solche Situationen, in denen eine Zufahrt zu dem betroffenen Grundstück bereits vorhanden und die Erschließung somit gesichert ist.
Entwässerungstechnische und (klima-)ökologische Belange:
Die Errichtung zusätzlicher Stellplätze geht – je nach baulicher Ausführung – mit einer vollständigen Versiegelung bisheriger Freiflächen einher und erhöht somit die abflusswirksame Grundstücksfläche. Oftmals wird das Gefälle der Stellplatzfläche dabei so angelegt, dass das anfallende Niederschlagswasser auf die angrenzende öffentliche Straße fließt und in die städtische Kanalisation gelangt. Dies ist vor allem aus zwei Gründen problematisch: Zum einen sind Straßeneinläufe im Regelfall so bemessen und angeordnet, dass sie lediglich die versiegelten Straßenflächen entwässern können. Zum anderen sind die öffentlichen Regenwasserkanäle in Hilden an vielen Stellen bereits hydraulisch so belastet, dass zusätzliches Abwasser nur bedingt abgeleitet werden kann. Eine flächenhafte Zunahme der Grundstücksversiegelung ohne Berücksichtigung der entwässerungstechnischen Anforderungen könnte somit im Extremfall die Schäden durch Starkregenereignisse weiter verschärfen, wenn zukünftig vermehrt Wassermassen von Privatgrundstücken in die öffentliche Kanalisation gelangen. Grundprämisse für jede zusätzliche Versiegelung durch neue Stellplätze ist demnach der Nachweis der ordnungsgemäßen Niederschlagswasserbeseitigung durch den Grundstückseigentümer. Um dies zu gewährleisten, muss grundsätzlich beim Tiefbau- und Grünflächenamt ein Entwässerungsantrag zur Genehmigung des geänderten Grundstücksanschlusses bzw. der geänderten Grundstücksentwässerung nach § 14 der städtischen Entwässerungssatzung gestellt werden. Der Nachweis erfolgt in der Regel auf Basis eines gutachterlich erstellten Entwässerungsplanes. Grundlage für diese Regelung ist auch die Festlegung in § 6 Abs. 1 Nr. 2 der „Ordnungsbehördliche Verordnung zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in der Stadt Hilden“, wonach das Ableiten von Regenwasser auf Straßen untersagt ist. Wird das anfallende Niederschlagswasser auf dem betreffenden Grundstück über die öffentliche Kanalisation abgeleitet, führt eine Zunahme der Versiegelung außerdem zu einer Erhöhung der Niederschlagswassergebühr. Schlussendlich wirkt sich eine Flächenversiegelung zugunsten neuer Stellplätze auf die lokale ökologische sowie stadtklimatische Situation aus. Der Rückgang unbebauter Grundstücksfreiflächen führt tendenziell zu einem Verlust von Lebensräumen für Tiere und Pflanzen und in der Folge zu einer Beeinträchtigung der ökologischen Vielfalt. Gleichzeitig beeinträchtigt die erhöhte Grundstücksversiegelung die lokalklimatischen Verhältnisse, da sich hoch versiegelte Flächen an Hitzetagen signifikant stärker aufheizen als gärtnerisch gestaltete Freiflächen. Beide Effekte treten bei einer räumlichen Konzentration der Flächenversiegelungen – bspw. auf mehrere benachbarte Grundstücke – umso deutlicher in Erscheinung und werden potenziell zusätzlich verstärkt, wenn durch die Herstellung neuer Grundstückszufahrten Straßenbäume gefällt werden müssen. Die konkrete bauliche Ausführung der Stellplätze kann die beschriebenen Auswirkungen im Einzelfall beeinflussen bzw. reduzieren. So ermöglicht bspw. die Verwendung von Rasengittersteinen anstelle von Betonpflaster nicht nur eine bessere Versickerung des Niederschlagwassers, sondern auch eine Abmilderung der versiegelungsbedingten Aufheizeffekte.
Bauordnungsrechtliche Belange:
§ 62 der Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (BauO NRW) beinhaltet eine Auflistung derjenigen Bauvorhaben, für die kein Baugenehmigungsverfahren durchgeführt werden muss. Hierzu zählen unter anderem auch der Bau von Garagen mit einer mittleren Wandhöhe bis zu 3 m und einer Brutto-Grundfläche bis zu insgesamt 30 m² (hier sind die bereits vorhandenen Carports und Garagen mitzurechnen). Werden die 30 qm überschritten, so ist ein Bauantrag zu stellen, auch wenn die neue Garage/Carport unter 30 qm Fläche haben wird. Im Außenbereich nach §35 BauGB ist jeder Neubau genehmigungspflichtig.
Ebenso ist ein nicht überdachter Stellplatz bis zu einer Fläche von insgesamt 100 m² genehmigungsfrei.
Für zusätzliche Stellplätze zur Nutzung von Wallboxen muss demnach kein Bauantrag gestellt werden, sofern die Schwellenwerte des § 62 BauO NRW eingehalten werden. Die Verfahrensfreiheit entbindet jedoch nicht von den grundsätzlichen Anforderungen, die in der Landesbauordnung oder in anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften an Bauvorhaben gestellt werden. Nach § 52 BauO NRW sind sämtliche baulichen und anderen Anlagen und Einrichtungen so anzuordnen, zu errichten, zu ändern und zu unterhalten, dass die öffentliche Sicherheit oder Ordnung (insbesondere Leben oder Gesundheit) oder die natürlichen Lebensgrundlagen nicht gefährdet werden. So können im konkreten Einzelfall – z.B. bei der Errichtung von Stellplätzen in der Vorgartenzone – brandschutztechnische Anforderungen berührt sein: § 33 BauO NRW fordert für Nutzungseinheiten mit mindestens einem Aufenthaltsraum mindestens zwei voneinander unabhängige Rettungswege ins Freie in jedem Geschoss. Die Rettung kann durch die Feuerwehr mittels tragbaren Leitern sichergestellt werden, sofern die dazu benötigten Flächen für diese tragbaren Leitern (mind. 2,5 x 2,5m) außerhalb von Stellplätzen o.ä. zur Verfügung stehen. Insbesondere bei verhältnismäßig schmalen Reihenhausgrundstücken ist diese Vorgabe unter Umständen schnell verletzt, wenn durch die Errichtung eines zusätzlichen Stellplatzes die benötigte freie Fläche zum Anleitern entfällt.
Planungsrechtliche Belange:
Im Hinblick auf die planungsrechtlichen Anforderungen an zusätzliche Stellplätze kann grundsätzlich zwischen Gebieten mit bestehendem Bebauungsplan und dem sog. unbeplanten Innenbereich nach § 34 Baugesetzbuch (BauGB) unterschieden werden. § 12 der Baunutzungsverordnung (BauNVO) stellt zunächst klar, dass Stellplätze und Garagen für Fahrzeuge unter 3,5t Eigengewicht in allen Baugebieten grundsätzlich allgemein zulässig sind, wobei in reinen und allgemeinen Wohngebieten eine mengenmäßige Beschränkung auf den durch das Baugebiet verursachten Bedarf besteht. Mit der BauNVO 1977 wurde darüber hinaus die Möglichkeit eingeführt, durch entsprechende Festsetzungen im Bebauungsplan Stellplätze und Garagen in Baugebieten oder Teilen von Baugebieten gänzlich auszuschließen bzw. nur in beschränktem Umfang zuzulassen. Bei Bebauungsplänen mit öffentlicher Auslegung ab dem 15. September 1977 muss also zunächst geprüft werden, ob die Errichtung von Stellplätzen am gewünschten Standort zulässig oder durch entsprechende Festsetzungen ausgeschlossen ist. Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit könnte in der letztgenannten Fallkonstellation nur noch über eine Befreiung erreicht werden, die bei Erfüllung der gesetzlich definierten Voraussetzungen des § 31 Abs. 2 BauGB eine Abweichung von den Festsetzungen des Bebauungsplans ermöglicht. Diese muss ggfs. beim Bauverwaltungs-und Bauaufsichtsamt Amt 60 beantragt werden
Auch in Gemeingelagen und faktischen Baugebieten nach § 34 Abs. 1 u. 2 BauGB sind Stellplätze und Garagen grundsätzlich allgemein zulässig. Entsprechend der Planersatzwirkung des § 34 BauGB setzt eine planungsrechtliche Zulässigkeit jedoch stets voraus, dass sich die hinzukommenden Stellplätze in die Eigenart der näheren Umgebung einfügen. Im Zweifel wird diese Grundvoraussetzung in der Regel erfüllt sein, da viele Vorgartenbereiche mittlerweile zumindest teilweise durch oberirdische Stellplätze oder sonstige Versiegelungen vorgeprägt sind, die im konkreten Einzelfall als Vorbild herangezogen werden könnten. Eine planerische Steuerung kommt somit allenfalls dann in Betracht, wenn die maßgebliche nähere Umgebung eindeutig durch eine homogene, begrünte Vorgartenzone ohne Stellplätze oder sonstige Versiegelungen geprägt ist. Davon abgesehen besteht eine Handhabe in Gebieten nach § 34 BauGB lediglich in solchen Fällen, in denen der zusätzliche Stellplatz zu einer übermäßigen Versiegelung des Grundstücks und insofern zu einem gebietsuntypisch niedrigen Freiflächenanteil führen würde.